Die Geschichte der Brennerei
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Die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre, die zum Beispiel die Einfuhr von Alkohol und Alkoholprodukten aus England sowie Getreideexporte unterband, begünstigte die Entstehung ländlicher Brauereien im von Frankreich besetzten Westfalen. So konnten auch in Saerbeck Brennereien entstehen und sehr erfolgreich arbeiten. Neben Weingeist bzw. alkoholischen Produkten konnte die Schlempe nach dem Destilliervorgang als Viehfutter genutzt werden. Darüber hinaus haben die Brüder Deitermann / Dalmöller eigenes Getreide in ihrer Mühle kostengünstig gemahlen und im Falle Dalmöller unter anderem auch Schnaps zum Ausschank gebracht. In Saerbeck gab es drei landwirtschaftliche Korn-Brennereien: Von der Brennerei Hase existiert heute nichts mehr, von der Deitermannschen Brennerei steht heute noch das Gebäude mit dem charakteristischen Schornstein, von der Brennerei Dalmöller-Niehaus ist das Gebäude samt technischer Ausstattung, die aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammt, erhalten. |
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Brennerei 1995 |
1814 |
wird Dalmöller bereits als Brenner bezeichnet, kann schon 1822 Markenland kaufen und zwei seiner Töchter (!) ab 1821/22 regelmäßig zum Schulunterricht in die Dorfschule gehen lassen. 1833 ist er als Brennereibesitzer und Wirt so wohlhabend, dass er das Salzmonopol in Saerbeck ersteigern kann. Ansehen und Wohlstand lassen ihn 1838 (bis etwa 1859/60) als Gemeinderat das Wohl Saerbecks mitbestimmen. Der fast fünfzigjährigen Ehe mit seiner Frau entstammten mehrere Kinder - fast nur Töchter, die z.T. frühzeitig starben. |
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1855 | Sein einziger Sohn Ferdinand Anton (*20.07.1818, +07.09.1888) führte die Brennerei fort. Da dieser ohne Erben bleibt, adoptiert er seinen Neffen Ferdinand Niehaus (*13.11.1850 in Warendorf, +07.08.1920 in Saerbeck). | ||
1882 | Ferdinand Niehaus übernimmt die Brennerei und Schankwirtschaft. Auch Ferdinand Niehaus betätigte sich - der Familientradition folgend - ebenso wie später sein Sohn Heinrich in der Saerbecker Kommunalpolitik. Als Mitinitiator bzw. Dirigent des Saerbecker Kirchenchores (Cäcilia Saerbeck) erwarb sich Ferdinand Niehaus ab 1882/89 bis 1920 auf kulturellem Gebiet bleibende Verdienste. Als Chronist seiner Zeit hat er auf einer Vielzahl von Photoplatten zwischen 1890 und 1920 das bäuerliche Leben in Saerbeck festgehalten.
Ferdinands Söhne Heinrich (gest. 1962) und Anton (gest. 1989) setzten die Familientradition fort. |
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1936 | Heinrich Niehaus beantragte den Vollverschluß der Brennerei. Umfangreiche technische Erneuerungen fanden in diesem Zusammenhang statt. Die technische Verbesserung führte offenbar zu einer Qualitätssteigerung des erzeugten Alkohols. Niehaus ersetzte die überalterte Rohbrennblase und den unzulänglichen Dephlegmator durch ein neuwertiges Rohbrenngerät (Maischesäule nebst Dephlegmator). Das Feinbrenngerät erhielt einen neuen Kondensator. Außerdem wurden zwei neue Kühler für Roh- und Feinbrand, ein Fuselölabscheider, ein Thermometer für die Feinbrennblase und neue Leitungen installiert. Der Sammelgefäßraum im Keller unterhalb des Brennraumes musste ebenfalls neu eingerichtet werden. Er gehört zum Verschlussbereich der Brennerei und war für den Brennereibetreiber nur zusammen mit dem zuständigen Zollbeamten zugänglich, da zwei verschiedene Schlüssel notwendig waren. | ||
1964 |
wurde zusätzlich das große Hauptsammelgefäß installiert. |
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1976 |
Betriebsaufgabe. Als Geschäftsführerin war zuletzt Heinrichs Schwester Agnes (gest. 1990) eingetragen. |
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1977 |
Nach der Betriebsstilllegung wurde das regelmäßige Brennrecht (zuletzt 11520 Liter Weingeist (= Korn-Branntwein) auf die landwirtschaftliche Verschlussbrennerei Bernhard Northoff in Ostenfelde übertragen. Mit dieser Übertragung erlosch die Brennerei Dalmöller-Niehaus. |
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1993 | wurden das Heimathaus und die Brennerei vom Heimatverein Saerbeck restauriert. Die ehemalige Brennerei ist ebenso wie das davor liegende Haus 7 (heute Heimathaus) bis 1998 als Denkmal eingetragen. | ||
Heute wird im Kornbrennerei-Museum die Geschichte, Technik und Bedeutung der landwirtschaftlichen Kornbrennerei präsentiert. |