HV 2020

Berichte zu den Museen

Eine Schnapsidee mit Folgen

Napoleon sei Dank

mit freundlicher Genehmigung von Herrn Yörn Kreib
erschienen auf KULTUR ABDRUCK  Homepage am 5. Dezember 2022

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts durfte nicht mehr nur in den Städten, sondern auch auf dem Land Korn gebrannt werden. Die im Brennereiprozess anfallenden natürlichen Abfälle fanden als Dünger und Viehfutter Verwendung und sorgten für höhere landwirtschaftliche Erträge. Viele Menschen aber führte der fortwährende Genuss des Branntweins in die Alkoholabhängigkeit und oft genug in den Ruin. „Vom Korn zum Korn“ – unter diesem Motto informiert das Kornbrennerei-Museum im westfälischen Saerbeck über die Geschichte der Brennerei und veranschaulicht außerdem den ausgeklügelten Produktionsprozess.

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Die Einführung der Gewerbefreiheit durch die Franzosen eröffnete auch der westfälischen Landbevölkerung ab 1807 neue Möglichkeiten. In der kleinen Gemeinde Saerbeck (Dorf am wasserarmen Bach) suchten die Landwirte angesichts der kargen Heidesandböden schon länger nach alternativen Einnahmequellen. Mit der neu verordneten Gewerbefreiheit durften sie sich nun neben der reinen Rohbranderzeugung (96 Vol.%) auch der bisher den Städten vorbehaltenen Veredelung ihres Brandes, dem Feinbrand (ca. 32-38 Vol.%), widmen.

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Das Kornbrennerei-Museum

 „Diese Möglichkeiten wusste auch der Saerbecker Landwirt Ferdinand Casper Dalmöller geschickt zu nutzen“, erzählt Josef Berkemeier vom Heimatverein Saerbeck. Das Korn für die Brennerei konnte er selbst produzieren und die im Winter beim Brennen abfallende Schlempe wieder an sein Vieh verfüttern. Mit dem selbst produzierten flüssigen Kraftfutter konnte er seinen Viehbestand aufstocken und mit dem Mehr an dadurch anfallendem Mist zusätzliche Flächen düngen. Eine Unternehmensstrategie, die auf Wachstum ausgerichtet war.

Dämpfen, maischen, destillieren

Bei der Brennerei fand Getreide Verwendung, das für die Ernährung nicht benötig wurde. Weizen, Roggen und Buchweizen in wechselnden Mischungen wurden zunächst gedämpft, um die Getreidestärke aufzuschließen. Beim anschließenden Maischen wurde durch Zugabe von Malz die Stärke in Zucker umgewandelt, bevor die Zugabe von Hefe den Gärprozess einleitete. Die abschließenden zwei Destillationsvorgänge ergaben am Ende den gewünschten Feinbrand. Erst nach der Zugabe von Trinkwasser wurde der nun trinkfertige Branntwein in Flaschen abgefüllt. Mit der beim Dämpfen entstehenden Abwärme wurde zudem eine Kartoffeldämpferei betrieben, in der die Bauern ihre Kartoffeln dämpfen ließen, um sie hinterher an ihre Schweine zu verfüttern.

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Die Destillierkammer mit Fein- und Rohbrennsäulen – im Hintergrund der Maischbottich

Einen Teil des Rohbrands verkauften die Brennereien an die staatliche Monopolstelle und sicherten sich damit ein garantiertes Grundeinkommen. Lediglich der Rest wurde als Feinbrand direkt verkauft. Daran fanden immer mehr Menschen Gefallen. „18Etikett für Doppelkorn gab es im 1.600 Einwohner zählenden Saerbeck drei Brennereien und etwa 20 Kneipen“, berichtet Berkemeier. Auf Flaschenetiketten wurde angesichts des üblichen Kaufs ganzer Gebinde vielfach verzichtet.

Wenn Hochprozentiges allgegenwärtig ist

Nicht jeder Mensch war den Folgen des nahezu überall erhältlichen hochprozentigen Getränks gewachsen. Mit den Jahren etablierte sich der tägliche Konsum von Hochprozentigem vor allem bei Tagelöhnern, Arbeitern und Handwerkern, auch weil Branntwein lange Zeit als Nahrungsmittel angesehen wurde und in vielen Fällen Bestandteil der Entlohnung war.

Der Pro-Kopf-Verbrauch an Alkohol betrug im nahe gelegenen Osnabrück im Jahr 1875 beachtliche 17 Liter (6,3 Liter waren es 1873 im gesamten Deutschen Reich). Hier verursachte die Gründung der Osnabrücker Actien Brauerei im Jahr 1860 aber auch eine Kehrtwende: Der abnehmende Schnaps- korrespondierte mit steigendem Bierkonsum.

Auch im kleinen Saerbeck erkannte der amtierende Bürgermeister Schlamann Handlungsbedarf. Er verordnete am 7. Februar 1833 eine Polizeistunde, in der es ab 22.00 Uhr untersagt war, Hochprozentiges auszuschenken. Gasthäuser mussten um 22.00 Uhr schließen und auch während der sonntäglichen Gottesdienste. „Diese Verordnung soll in der Kirche bekannt gemacht und in jedem Wirtshaus der Gemeinde Saerbeck angetroffen werden“ hieß es abschließend in der Verordnung.

Wer seinen Alkoholkonsum nicht mehr unter Kontrolle hatte, musste mit weitreichenden Folgen rechnen. Verhaltensauffälligkeiten, die polizeilich registriert wurden und mit Geld- oder Haftstrafen endeten, führten zur öffentlichen Stigmatisierung als Trunkenbold. Da in den Gasthäusern keine Alternative zu den alkoholischen Getränken ausgeschenkt wurde, waren „Trunkenbolde“ auch aus weiten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen. Die Teilnahme an gemütlichen Treffen mit Freunden sowie an Vereinsversammlungen war ohne den Konsum angebotener alkoholischer Getränke kaum möglich. „Darüber hinaus hingen in den Gasthäusern sogenannte Säuferlisten aus, in denen diejenigen namentlich aufgeführt waren, denen der Alkoholkonsum strengstens untersagt worden war“, ergänzt Berkemeier.

Von der Brennerei zum Museum

Agnes Niehaus führte die Brennerei in Saerbeck, die seit 1903 im Handelsregister unter dem Namen „Brennerei F.A. Dalmöller“ geführt wurde, noch bis 1976 weiter. Danach verkaufte sie die Brennrechte für 115 hl Alkohol zum Preis von 38.500 DM an eine andere Brennerei. Das seiner Nutzung beraubte alte Brennereigebäude aus der Gründerzeit überließ sie sich selbst, sodass es allmählich verfiel. 1992 wurde es unter Denkmalschutz gestellt und in jahrelanger, ehrenamtlicher Arbeit kernsaniert. 1998 konnte der Heimatverein Saerbeck „sein“ Kornbrennerei-Museum eröffnen und freut sich auf das 2023 anstehende 25-jährige Bestehen.

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Verkaufsraum

Stolz zeigen und erklären Harald Schütz sowie Josef Berkemeier und ein 14-köpfiges Team jährlich bis zu 1.000 Gästen das komplett erhaltene und bestens gepflegte Innenleben der einzigen noch vollständig erhaltenen Saerbecker Kornbrennerei. Bei der abschließenden Verkostung verrät Harald Schütz dann auch, welche drei Faktoren den Geschmack eines Korns bestimmen: Die Art des verwendeten Getreides, Art und Dauer der Lagerung (z.B. Lagerkorn) sowie die Qualität des verwendeten Wassers. „Manche Menschen könnten am Geschmack des Korns erkennen, aus welchen Brunnen oder Böden das verwendete Wasser stammt“, sagt er.

Teaserbild, Kornbrennerei-Museum, Destillierraum und Etikett © Heimatverein Saerbeck / Foto Verkaufsraum © Josef Berkemeier
erschienen auf KULTUR ABDRUCK  Homepage am 5. Dezember 2022

 

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Heimatfreunde erhielten Einblick in Brennereitechnik

Heimatverein Ostbevern zu Besuch im Brennerei-Museum

Bericht vom Heimatverein Ostbevern
Natürlich hatten die Organisatoren der Radtour des Heimatvereins, Ludger Kövener und Alfred Stiller sehr auf gutes Wetter am Sonntag gehofft. Dass das dann aber gleich „Kaiserwetter plus“ werden würde, das war nicht vorauszusehen. Trotz der angekündigten Hitzewelle hatten sich genau 20 Interessenten am Heimathaus eingefunden, die die 65 Kilometer lange Tour mitfahren wollten und von Franz-Josef Elberich begrüßt wurden. Auf wirklich schattigen Wegen, durch die Bauerschaften, durch den Kattmannskamp und über Ladbergen erreichte die Radler Gruppe nach drei kleinen Zwischenstopps das Korn-Brennerei-Museum in Saerbeck. Da zudem ein wenig Wind wehte, kam man recht entspannt und genau pünktlich dort an.

RadtourReinhard Dyckhoff und Jürgen Zepp vom Heimatverein Saerbeck begrüßten die Heimatfreunde und sorgten dann mit einer Präsentation auf einem riesigen Bildschirm, erst einmal für einen Einblick in die Geschichte des Hauses und die Technik einer Korn Brennerei. Die landwirtschaftliche Korn Brennerei Dalmöller-Niehaus bestand von 1812 bis 1976. Im Jahr 1994 wurde begonnen, das stark verfallene Gebäude in mehrjähriger Arbeit zum heutigen Schmuckstück, das ist das Museum wirklich, umzubauen. Begriffe wie „Heinze-Dämpfer, „Fuselöl“, „Maischesäule“ schwirrten dann durch den Raum, aber auch die wurden erklärt. Ob man wirklich Methanol und Feinbrand am Geruch erkennen kann? Jedenfalls geschnuppert haben einige der Besucher. Auf dem Weg durch die Korn Brennerei, es ging über sechs Ebenen, war es im Keller angenehm kühl und unter dem Dach des nicht isolierten Gebäudes drückend heiß. Übrigens wurde dort das Thema „Balkenbrand“ angesprochen. Schwarzbrennereien, also Schnapsherstellung ohne behördliche Genehmigung, gab es früher auch und die Apparaturen waren oft auf den Dachböden der Häuser installiert.
Nach einem sehr informativen ausgiebigen Rundgang stärkten sich alle mit Kaffee und dem mitgebrachten Streuselkuchen, den fleißige Helferinnen transportiert hatten. Dann gab es noch die Gelegenheit diverse alkoholische Spezialitäten zu erwerben. Wer sich nicht für den gerade zum Dorfjubiläum neu aufgelegten Likör „Cacao mit Nuss“ entschied, nahm vielleicht einen „Hausfreund“ mit nach Ostbevern. Aber keine Angst, hier handelt es sich um einen 42%igen Kräuterlikör nach altem Saerbecker Rezept. Ein kleines Präsent für die beiden Ehrenamtlichen des Heimatvereins Saerbeck gab‘s natürlich auch, jeweils eine Mettwurst und eine Kaffeetasse aus Ostbevern und ein vielstimmiges „Dankeschön“.
Auch die Rückfahrt, wieder mit etlichen Verschnaufpausen, war dann gut zu bewältigen und am Heimathaus Ostbevern konnte man feststellen, die Tour war nur 140 Meter länger als vorher angekündigt. „Es hat Spaß gemacht, war interessant und selbst das etwas zu gute Wetter war kein Problem“, da waren sich die Teilnehmer einig.

Heimatverein Saerbeck:
Vielen Dank für den netten Bericht! Wir fanden Euren Besuch sehr angenehm und haben uns fest vorgenommen diesen zu erwidern.

Radtour 1 Radtour 2 Radtour 3 Radtour 4
Fotos:
Heimatverein Saerbeck

 

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Die doppelte Grabtafel von Ferdinand Niehaus

Am 13. März 2020 wurde bei einem Rundgang auf dem Dachboden des Heimathauses die Grabtafel (B x H x T, 30 cm x 52,5 cm x 1,6 cm) von Branntweinbrenner und Wirt Ferdinand Niehaus „(wieder)entdeckt“. In der gut erhaltenen Inschrift waren sein Name, Tag und Ort de  Geburt und des Todes  und der fromme Wunsch zu lesen, dass er dort in Frieden ruhen möge.

Bild Grabstein

Eine besondere Überraschung brachte die Rückseite der Grabtafel. Hier waren Fragmente einer weiteren Personen eingraviert. Offenssicht war die Platte aus Sandstein für Ferdinand Niehaus schon einmal vor als Grabtafel verwendet worden. Ließ sich dieses Geheimnis noch lüften.

Am Donnerstag, dem 23.07. wird Andreas Büker über seine Recherche und dessen Ergebnisse berichten. Leider muss die Veranstaltung im kleinen Kreis stattfinden. Der Raum in der Dorfschule ist leider nur für max. 6 Personen geeignet, um den Abstand von 1,5m  einzuhalten.

 

 

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Sanierung tut Not

Eigener Bericht

Der Schornstein des Saerbecker Kornbrennereimuseums weist weithin sichtbar den Weg zum Heimathaus und zum Museum. Aus baulichen Gründen vor Jahren um einige Meter verkürzt, steht er immer noch als markantes Hinweiszeichen in der Ortsmitte. Aber auch der noch vorhandene  Restschornstein ist mittlerweile in die Jahre gekommen und musste Wind und Wetter Tribut zollen.

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Ein Gemälde kehrt zurück

Eigener Bericht
Fast 75 Jahre brauchte das Ölgemälde des Saerbecker Malers Johannes Wegener, bis es jüngst wieder den Weg zurück nach Saerbeck fand. Der heutige Eigentümer Raimund Lohaus schenkte es dem Heimatverein Saerbeck. Der gesamte Vorstand einschliesslich des Ehrenvorsitzenden Ludger Dierksmeier nahmen das Bild im Rahmen einer kleinen Feierstunde im Heimathaus in Empfang.

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