„Brennerei-Hotspot-Saerbeck“: So wurde damals Korn gewonnen

Bericht in der WN vom 29.1.2025
Von  Sarah Luisa Ostermann

Saerbeck
Das Kornbrennen hat in Saerbeck eine lange Tradition: Bereits 1812 eröffnete Johann Kaspar Dallmöller die Brennerei Dallmöller und brannte dort seinen ersten Schnaps. Der Prozess bleibt bis heute spannend.

(v.l.) Franz Josef Engeler und Thomas Witt des Heimatvereins Saerbeck geben regelmäßig Führungen durch das Kornbrennereimuseum. Foto: Sarah Luisa Ostermannn

Wer durch die grüne Tür im schmucken Fachwerkhaus geht, macht schnell einen Sprung in die Vergangenheit. Denn das Museum konzentriert sich auf eine der ältesten Handwerkskünste Deutschlands: dem Kornbrennen. Wie der Prozess ablief, hat das Museum umfassend dokumentiert.

Auch Spirituosen gibt es zu kaufen und zu verköstigen. Auf nachgemachten Original-Ettiketten stehen Sorten wie „Peffermünz“. „Das war damals falsch geschrieben, und wir haben uns den Gag erlaubt und das übernommen“, sagt Franz Josef Engeler, Mitglied des Brennereiführerteams.

Ein Blick in die Traditionen der Handwerkskunst
Zusammen mit Thomas Witt, Sprecher der Brennereiführer, führt er durch die ehemalige Kornbrennerei Dallmöller. In Nordrhein-Westfalen ist sie einer der letzten beiden, die noch erhalten sind. 1812 brannte Johann Kaspar Dallmöller dort seinen ersten Korn. „Man könnte hier sogar noch brennen. Das würde nur keiner mehr riskieren“, sagt Thomas Witt scherzhaft. Denn die Geräte und Maschinen, die zur Herstellung des hochprozentigen Getränks erforderlich sind, sind noch fast alle vorhanden.

Ein paar kleine Stufen nach unten führen zum ersten Raum der Brennerei. Direkt wird es eisig kalt – wer hier nach einer Heizung sucht, sucht vergebens. Aber ein eingebauter Dampfkessel in der Wand verrät, dass eben dies früher nicht nötig gewesen ist: Genau an dieser Stelle begann der Brennprozess. Auf einer Bank davor saß der Heizer, der den Prozess betreute und dem Ofen neue Kohle hinzufügte. Über Dampfleitungen gelangte der heiße Wasserdampf schließlich zu den weiteren Geräten und Maschinen der Kornbrennerei.

Ganz links steht der sogenannte Maischebottich, rechts daneben stehen das Rohbrenn- sowie das Feinbrenngerät. Foto: Sarah Luisa Ostermann

Mehrere davon stehen bereits im nächsten Raum. Auch der sogenannter Henze-Dämpfer – ein metalliger Zylinder – steht am Rand. Gut 200 Kilogramm Getreide und 500 Liter Wasser wurden in dem Dämpfer unter Dampf und Druck gekocht. Hauptsächlich habe es sich hierbei um Roggen gehandelt – für Weizen seien die Böden in Saerbeck nicht gut genug gewesen, erläutert Engeler. Im Kochprozess löste sich die Stärke in den Körnern auf.

Landwirtschaftliche Kornbrennerei
Im nächsten Gefäß – den sogenannten Maischbottich – wurde zusätzlich noch Malz hinzugefügt. Franz Josef Engeler erläutert die Prozesse anahand einer Grafik auf einem Bildschirm. Zusammen mit der nun hergestellten Stärke entstand Zucker, sodass nun von einer Süßmaische gesprochen wurde. Dieser wurden Hefekulturen beigefügt, die die Vergärung einleiteten. Bis zu 72 Stunden dauerte der Prozess im Gärtank, in dem der Zucker wiederum zu Alkohol umgewandelt wurde. Darauf folgten bereits die letzten beiden Schritte. Einer davon: die Destillation des Alkohols im Rohrbrenngerät.

„Man könnte hier sogar noch brennen. Das würde nur keiner mehr riskieren.“ Thomas Witt

Im Maischbottich wurden Malz und Hefe zu der Masse hinzugefügt. Foto: Sarah Luisa Ostermann

Dabei tropfte der Getreidebrei – „die Schlempe“ – über mehrere Glockenböden nach unten. Der Alkohol hingegen verdampfte und stieg mit dem Wasserdampf nach oben, wo er aufgefangen und wieder abgekühlt wurde. Aus der Maische sei wiederum „wertvolles Tierfutter“ gewonnen worden, erläutert Thomas Witt. Dadurch habe es schon früh einen Kreislauf gegeben: Denn desto mehr Getreide es gegeben habe, desto mehr konnte gebrannt werden, desto mehr Maische gab es. Und dadurch auch wiederum mehr Viehfutter und schlussendlich auch mehr Nutztiere.

Rechts ist eine Flaschenabfüllanlage zu sehen – links daneben steht eine Ettiketieranlage. Foto: Sarah Luisa Ostermann

Zu 34 Prozent besteht der Korn aus Alkohol
Nicht ohne Grund werde deswegen auch von einer landwirtschaftlichen Kornbrennerei gesprochen, erläutert Witt. Und Johann Kaspar Dallmöller, der erste Besitzer der Kornbrennerei, zählte in Saerbeck zu einem der reichsten Bürger. Nach der eben genannten Destillation des Alkohols folgte auch schon der letzte Schritt: Hierbei wurde der Rohbrand im Feinbrenngerät von den ungenießbaren Bestandteilen gereinigt. Über drei Rohre gelangte er in ein Sammellager. Wichtig war es dabei, auf den richtigen Siedepunkt zu achten. „Wenn der Brenner nicht aufpasste, gab es Kopfschmerzen“, sagt Thomas Witt schmunzelnd. Am Ende hatte der Trinkalkohol eine Konzentration von über 94 Prozent. Um den gewünschten Alkoholanteil zu erreichten, verdünnte der Brenner ihn wiederum mit Wasser.

Das Modell einer Kornbrennerei in klein war damals als Schulungsobjekt für Zöllner gedacht. Foto: Sarah Luisa Ostermann

Meistens hat ein Korn 32 Prozent Alkohol – in Saerbeck darf es aber ein bisschen mehr sein: Früher wie auch heute besteht dort ein Korn zu 34 Prozent aus Alkohol. Und es gab noch eine Besonderheit in der Brauerei: Ganze drei Brunnen gehörten zu der Brennerei. Der Heimatverein geht darum auch von drei unterschiedlichen Geschmacksrichtungen allein im Wasser aus. Und: Es gab auch noch zwei weitere Brennereien in der Gemeinde. Saerbeck war darum ein wahrer „Brennerei-Hotspot“. Ab 1966 wurde jedoch nur noch der Rohbrand in der Brennerei durchgeführt – der Feinbrand wurde wiederum in der deutschen Kornbrandverarbeitung hergestellt.

Heute hat das Museum jeden Sonntag von 10.30  bis 12.30 Uhr geöffnet. Bis zu 50 Führungen macht der Heimatverein jedes Jahr. In diesem Jahr gibt es außerdem nicht mehr nur Termine auf Anfrage, sondern auch feste Termine für Führungen. Der nächste Termin ist der 8. März (Samstag).

Anmerkung Heimatverein: Der Termin ist leider schon ausgebucht. Wir werden das Angebot in Kürze wiederholen und zeitnah einen weiteren Termin bekanntgeben